Operette Donna Juanita





Donna Juanita

Oper in 3 Akten
Text F. Zell und Richard Genée
Uraufführung 21. Feburar 1880 im Carltheater, Wien
 
Carl Blasel in der Rolle des Don Pomponio
in der Wiener Uraufführung 1880.
Inhalt

Ort: San Sebastian im Jahr 1796 während der französisch/englischen Kriegshandlungen um die Vorherrschaft in Spanien.

Petrita, die Schwester eines spanischen Gastwirtes, ist in den Gefangenen Gaston Dufaure, Capitän im französischen republikanischen Heer verliebt. Don Pomponio, der Alcalde von San Sebastian, der mit den englischen Besatzungstruppen unter dem Kommando von Sir Andrew Douglas kollaboriert, ist hinter Petrita her und will deshalb Gaston als Kriegsgefangenen in sein Haus holen, um ihn bei ihr auszuschalten. Seine Frau Olympia, eine ehemalige Tänzerin, hat aus ganz anderen Gründen ebenfalls eine Auge auf Gaston geworfen. Riego, der Evangelista (oder öffentliche Schreiber) des Ortes, muss sowohl für Don Pomponio als auch für Olympia Liebesbriefe an Petrita bzw. Gaston verfassen. Später überredet er Gaston, auf das Liebeswerben Olympias zum Schein einzugehen, um die geplanten Anschläge der Engländer in Erfahrung zu bringen, da Olympia in ihrem Damenkränzchen Pläne gegen die Franzosen ausheckt. Da tritt René, Gastons jüngerer Bruder auf. Er erzählt, dass er, nachdem er sich im Scherz in Frauenkleidern als Donna Juanita verkleidet seinem Vorgesetzten ein Rendezvous gegeben hatte, zu Strafe auferlegt bekommen habe, als Spion in Spanien zu agieren. Zur Tarnung will er weiterhin als Donna Juanita auftreten. In dieser Aufmachung verdreht er nun Sir Andrew und dem Alcalden, aber auch weiteren Männern den Kopf. Dies führt zu verschiedenen Eifersuchtsszenen, zumal er sich auch einen Spaß erlaubt und gegenüber Petrita erklärt, er sei Gastons Ehefrau und hätte zusammen mit ihm drei Kinder. Schließlich kann er in seiner Verkleidung an Olympias Damenkränzchen teilnehmen und erfährt so, dass englische Soldaten, als Pilger verkleidet, auf eine Losung hin zur Verstärkung in die Stadt eingelassen werden sollen. Durch die Weitergabe dieses Planes an Riego kann er von den Verschwörern dahingehend geändert werden, dass jetzt französische Soldaten statt der englischen eingelassen werden.

Am nächsten Tag begeht man das Jamaikafest, bei dem Erwachsene Kinder und die Kinder Erwachsene spielen sollen. Während dieses Festes, an dem sich auch die englischen Besatzer beteiligen, ziehen die Franzosen, ermöglicht durch die bereits eingelassenen falschen Pilger, in die Stadt ein und überwältigen die Besatzer. René wird zum Leutnant ernannt, Gaston und Petrita hatten sich zuvor wieder versöhnt

Kritik am Textbuch

Dem Textbuch wird in erster Linie angekreidet, dass es geradezu eine Kopie von Fatinitza darstelle. Gewiss - wieder haben wir eine Frau, eine Sängerin, die einen Mann darstellt, der eine Frau darstellt. Und wieder haben wir kriegerische Handlungen, diesmal zwischen den revolutionären Franzosen und den reaktionären Engländern, und zwar in Spanien. Aber man könnte statt von einer Kopie auch von einer Variation sprechen. Denn in Fatinitza ist eben jene Frauen-/Männerrolle die Hauptperson und der Reporter ist der Helfer in allen schwierigen Lagen. In Donna Juanita ist der/diese zwar der/die Titelheldin, aber eigentlich schlüpft er/sie eher in die Rolle des Helfers, während die Hauptpersonen - ja, das ist dann eigentlich der zweite Vorwurf, denn es ist nicht ganz eindeutig, wer die Hauptpersonen wirklich sind. Denn Gaston und Pertrita als Liebespaar haben eigentlich doch eher nur Nebenrollen. Gerügt wird also, wohl zu recht, dass keine starke Haupthandlung mehr vorhanden ist und Nebenhandlungen sich gelegentlich verselbstständigen.

Musik

Die musikalische Qualität der Donna Juanita beurteilen zu wollen, ist ein schwieriges Unterfangen, da heutzutage so gut wie nichts mehr von ihr gespielt wird. Es gibt auf verschiedenen CDs eine Ouvertüre und einen Juanita Marsch, beide sind aber keine besonderen Meisterleistungen. 

So sind wir denn zunächst einmal auf Aussagen anderer angewiesen. Die minutiöse Aufzählung der einzelnen Nummern in der Suppé-Biographie von H.D. Roser enthält keinerlei Wertungen und obwohl in der Werksbeschreibung vorwiegend negative Kritiken zitiert werden, fielen die Beurteilungen der zeitgenössischen Wiener Presse überwiegend positiv aus. Der Suppé Biograph aus der ehemaligen DDR, Otto Schneidereit, schreibt einerseits: „Suppé gelang eine ausgezeichnete Musik...”, bemängelt aber andererseits: ”...hinter der großen Gebärde steht nichts Gleichwertiges an melodischem Einfall und handlungsgemäßer Grundlage.“ 

Von einer Aufführung der Donna Juanita des St. Petersburger Musical Comedy Theaters vom 24.11.2006 gibt es eine Amateur-Videoaufnahme mit miserabler Bild- und Tonqualität. Eine Rundfunkproduktion des russischen Rundfunks aus dem Jahre 1968 mit guter Tonqualität ergänzt die Möglichkeiten einer Beurteilung. Vergleiche mit dem Original-Klavierauszug ergeben aber, dass beiden Produktionen eine bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Bearbeitung zugrunde liegt. Dennoch lassen sich die übrig gebliebenen Musiktitel daraus gut bewerten. Für die nicht verwendeten Titel bleibt dafür nur der computergestützt hörbar gemachte Klavierauszug. Als Fazit aus diesen drei Quellen ergibt sich folgendes (Klang)-Bild: 
Die Operette enthält eine ganze Reihe schöner und origineller musikalischer Einfälle. Überzeugend sind, wie auch schon einige Kritiken betonten, die beiden großen Finale I und II mit einem zündenden Revolutionslied im ersten und einem großen Tamborinspektakel im zweiten Finale. Es gibt außerdem einen mitreißenden Bolero schon in der Introduktion, ein spanisch akzentuiertes Trinklied, eine temperamentvolle Serenade der Studenten in der zweiten Introduktion, ein heroisches Kampflied mit einem wohlklingenden, effektvollen Marsch, ein maurisches Duett, ein herrlich komisches, der Opera buffa nahestehendes Quintett und auch einige burleske Nummer wie z. B. das Auftrittsduett des Alkalden mit dem englischen Statthalter oder dem sehr komischen Couplet der ehemaligen Balletttänzerin Olympia. Gerade die Vielzahl komischer Nummern in dieser Operette erwecken den Eindruck, als habe sich Suppè diesmal mehr als zuvor an der burlesken Komik Offenbachs orientiert. Eine der zeitgenössischen Kritiken formuliert dies so: „[...] er hat in dieser Operette mehr gewagt als sein Vorgänger Offenbach. [...] Keiner ist so sehr dazu berufen, für das heitere Singspiel an Stelle Offenbachs einzutreten, wie Suppè.“. Dass allerdings die Musik ”ganz auf der Höhe des Boccaccio” stünde, wie der Kritiker der Zeitung Die Presse schreibt, ist dann doch etwas der Ehre zu viel. Realistischer ist da schon, wie das Neuigkeits-Weltblatt vom 24.02.1880 die Operette beurteilt, [...] die, auch wenn sie weniger originell ist als als Fatinitza und Boccaccio, dennoch einen großen Erfolg errungen hat [...] zu welche(r) Suppé eine durchaus frische und melodische Musik geschrieben hat.“
 
u.a.
historische Pressestimmen

Von Suppés letzte Komposition Donna Juanita wurde in diesem Theater von einem Ensemble produziert, welches in großem Respekt viel Lob verdient, aber es ist zweifelhaft, ob das Publikum ein großes Interesse an dieser Vorstellung zeigen wird. Von Suppé hat bei sich selbst abgeschrieben, wie man so sagt, und diese neue Oper(ette) ist eine schiere Wiederholung seiner früheren Werke, nichts ist verändert oder verbessert. Wer Fatinitza oder Boccaccio gehört hat, wird den gleichen Autor in Donna Juanita erkennen, aber die Brillanz und die Originalität wird vermisst und die Komik scheint nicht zu überzeugen. Die Geschichte ist so kompliziert und absurd, dass man bei der Aufgabe, herauszufinden, was überhaupt los ist, ermüdet und das erfolgreiche Ergebnis der Untersuchung wiegt den dafür notwendigen Aufwand nicht auf. Es tut sich viel auf der Bühne, der Chor singt mit Temperament und wurde offensichtlich treulich einstudiert. Der Text ist extrem langweilig. Da ist sehr wenig im Dialog, um ein Lächeln hervorzurufen und die meisten Darsteller geben keinen Hinweis darauf, in welcher Sprache sie zu singen glauben, sie verharren im Abrufen der Aktionen als Attraktion und im geschickten Singen, um die Oper(ette) interessant zu machen. Die Präsenz von Miss Jeannie Winston in den zwei Charakteren René Dufeaure und Donna Juanita ist das aussöhnende Moment der Aufführung. Miss Winston hat schon früher viel Lob bekommen für ihre kluge und humorvolle Darbietung in verschiedenen Rollen. Sie ist so charmant und natürlich in dieser Oper(ette), wie sie es schon in Fatinitza war, der Charakter ihrer Darstellung lebt von ihrer attraktiven Erscheinung, weiblichen Grazie und ihrem exzellenten Gesang. Miss Edmonston als Petrita war einigermaßen erfolgreich und sang mit Effekt. Die männlichen Charaktere waren nicht in Händen von kompetenten Vertretern. Mr. Ellis Ryse und Mr. Arthur H. Bell waren hauptsächlich gut im Vergleich zu ihren Kollegen, aber dies sagt sehr wenig über sie. Mr. W. A. Morgan, welcher aus einigen mysteriösen Gründen alles tut, um nicht nur ein Sänger sondern auch ein Schauspieler zu sein, war hauptsächlich unhörbar in der wichtigen Rolle des Don Riego. Die kleineren Partien gehörten zum durchschnittlichen Standard, aber die Oper(ette) ist langweilig und nur gelegentlich anregend interessant und obwohl jeder auf der Bühne sich Mühe gab, war da eine Abwesenheit an Begeisterung, ausgenommen bei den Finales der zwei ersten Akte. Die Musik ruft nicht gerade nach einem speziellen Kommentar. Sie ist nicht so gut als andere Werke Suppés und enthält wenig, was beim ersten Hören zugkräftig wäre und ebenso wenig von einem dauerhaften Wert.

aus New York Times vom 18. Mai 1881 zur Aufführung am Fifth Avenue Theater (aus dem Englischen übersetzt)

Übersetzung

Zwei Jahre nach seiner hervorragenden französischen Periode wurden die Solis-Operetten-Fans zuerst vertraut gemacht mit einem der besten Repräsentanten des Goldenen Zeitalters der Wiener Operette, Franz von Suppé, durch seine drei schönsten Operetten Boccaccio, Donna Juanita und Fatinitza (letztere in ihrer ersten südamerikanischen Inszenierung). Als Schöpfer eines Stils, der berühmt wurde durch seinen unwiderstehlichen Rhythmus, seine Eleganz, und seine Lebensfreude, können Suppés Melodien nur mit solchen seines unmittelbaren Nachfolgers Johann Strauß verglichen werden. Dessen Operetten kamen in Montevideo erst 20 Jahre nach denen Suppés an.

Während Boccaccio zur bekanntesten Operette Suppés in Europa wurde, war es Donna Juanita, die den Ruhm erringen sollte, zur meistgehörten Operette in Montevideo zu werden. Seit ihrer Premiere 1883 für 30 aufeinanderfolgende Jahre konnten sich die Besucher von Solis an den Abenteuern des jungen französischen Kadetten erfreuen, der sich als junges spanisches Mädchen namens Juanita verkleidet hatte. Eine solche Popularität war nicht nur auf Südamerika beschränkt; noch vor 1881 applaudierte das New Yorker Publikum der ersten englischen Produktion der Donna Juanita im Fifth Avenue Theater. Die gleiche Suppé Operette, dirigiert von Artur Bodanzky, schaffte es noch am 2. Januar 1932 auf die Bühne der Metropolitan Oper (gesungen in Deutsch von Maria Jeritza).
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