Operette Pensionat


Das Pensionat

komische Operette in 1 Akt (2 Bildern) 
Text von C.K. 
Uraufführung: 24. November 1860 im Theater an der Wien
Am 24. November 1860 schlug im Theater an der Wien mit der Aufführung des Einakters Das Pensionat die Geburtsstunde der Wiener Operette. Nachdem das Carltheater bereits seit zwei Jahren mit nicht autorisierten Werken Offenbachs, in deutsch übersetzt und anhand Klavierauszügen neu instrumentiert, einige Erfolge hatte, versuchte es Direktor Pokorny vom Theater an der Wien zunächst mit anderen französischen Komponisten, nachdem seine Verhandlungsversuche mit Offenbach erfolglos blieben. Aber die Versuche schlugen fehl, unter anderem, weil das vorhandene Ensemble nicht auf den französischen Esprit eingestellt war. So suchte man eine Wiener Lösung und fand sie mit Franz von Suppé.

Inhalt

Der junge Rechtsgelehrte Karl möchte das Pensionatsfräulein Helene heiraten, deren Eltern ihre Zustimmung jedoch nur erteilen, wenn er binnen 48 Stunden eine Anstellung vorweisen kann. Als er sich in das Pensionat einschleicht, um Helene sein Leid zu klagen, erfährt er, dass dort die Verwalterstelle vakant ist. Da heckt er einen Plan aus, zu dessen Verwirklichung vier der weiteren Insassinnen des Pensionats unwissentlich beitragen sollen. Die vier Mädchen werden unter dem Vorwand eines Rendezvous in den Garten gelockt. Sie umwerben dabei, ohne voneinander zu wissen, nacheinander Karls Freund Florian, der Ständchen singend für ihn einspringen muss. Die strenge Pensionatsleiterin Brigitte, in deren Gegenwart die sonst sehr ausgelassenen Mädchen immer fromm und züchtig erscheinen, wird von einer Freundin Helenes ob der entstandenen Situation herbeigerufen. Jetzt tritt Karl hinzu, erklärt Brigitte, dass der ganze Aufwand nur ihr gegolten hätte, wobei sie sich heftig von ihm umwerben lässt. Diese Umgarnungsaktion wird nun von den übrigen Mädchen aufgedeckt und die so ertappte Pensionsvorsteherin kann nun von Karl leicht dahingehend "überredet" werden, ihm den Verwalterposten zu geben, wenn er das Ganze als harmlos aufklärt.

Musik

Suppé wusste offenbar nur, was er nicht schreiben sollte: keine bloße Nachahmung Offenbachs aber auch keine Posse. So schrieb er denn, was er ohnehin immer gerne schreiben wollte, eine kleine Oper, allerdings mit sehr parodistischem Einschlag. Herausgekommen ist eine wunderschöne Musik von außerordentlicher Qualität, die es unerklärlich erscheinen lässt, dass sie so in Vergessenheit geraten konnte.

Oft kann man lesen, dass bei der Entstehung des Pensionats Offenbach hörbar Pate gestanden habe. Dabei klingt dieser eigentlich selten durch; eher stimmt da schon der Vorwurf, Suppé habe sich zu sehr an Donizetti orientiert; aber eigentlich ist es mehr der junge Verdi, dem Suppé da nachstrebt. Erstaunlich auch, dass Suppé bei dieser seiner ersten Operette auf Elemente des Wiener Volkstheaters gänzlich verzichtet, obwohl diese für seine späteren Werke zu einem charakteristischen Bestandteil werden.

Herausragend sind eigentlich fast alle der neun Musiktitel. Da haben wir bereits in der Introduktion den Kirchenchoral der Mädchen, mit dem Suppé auf wunderbare Weise seine Herkunft aus der Kirchenmusik in die Operette einbringen kann. Eine von Helene gesungene Romanze, auf die Karl mit einer Serenade antwortet, bringt nicht nur eine herrliche Parodie auf die in der italienischen Opera buffa obligatorischen Stilmittel, sondern wird gar von den Mädchen noch gesanglich aufgenommen, kommentiert und bespöttelt. Als stilistisch etwas uneinheitlich erweist sich das Duett zwischen Helene und Karl: beginnend im besten italienischen Stil bringt es gegen Ende erstmals jenen schmelzenden Operettenton, wie er später für dieses Genre obligatorisch werden wird. Als Glanzstück der Partitur wurde ein subtil ausgearbeitetes Quartett der vier zum Rendezvous verabredeten Mädchen gepriesen und auch der Spottchor aller Mädchen kam beim Publikum gut an. Etwas operettenhafter im modernen Sinn dürfte die Nummer 2 des Werkes sein, bei der die Mädchen, allein- und daher ausgelassen, zunächst mit einer etwas frivolen spanischen Ballade Exotik und Erotik in das Stück bringen und danach ihren Gefühlen freien Lauf lassen, indem sie erst Walzer und anschließend einen Cancan tanzen, letzterer ein zur damaligen Zeit als absolut anstößig geltender Tanz. Dieser Cancan ist übrigens der einzige Verweis auf Offenbach.

Absoluter Höhepunkt der Operette ist aber das Septett Nummer 7. Bravourös meistert Suppé hier einen kunstvollen Ensemblegesang mit herrlichen melodischen Einfällen, voller Situationskomik aber auch wuchtiger Dramatik. Ein Glanzstück, das, obwohl es diese parodiert, den bekanntesten Ensembleszenen von Suppés berühmten Opernkollegen in Nichts nachsteht.

u.a.
Diese Anzeige erschien bereits drei Tage nach der Premiere, am 27.11.1860, in der Zeitschrift "Blätter für Musik, Theater
und Kunst".
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