Wiederbelebungsversuch: Suppés "Fatinitza" ist besser als ihre Aufnahme
[...] Die biedermeierlichen, um nicht zu sagen tranigen Tempi des 27-jährigen, seines Amtes nur schüchtern waltenden Dirigenten Vinzenz Praxmarer erleichtern zwar die keineswegs von allen Beteiligten realisierte Textverständlichkeit, die so wichtig ist, damit der Operettenwitz überhaupt eine Chance hat, zu zünden. Wahren Offenbach-Geist lässt das sonst sauber intonierende Franz Lehár-Orchester aber nur selten aufkommen. Kommt hinzu, dass Zora Antonic mit ihrem sprachähnliche Laute nur partiell absondernden, schlecht fokussierten Walküren-Sopran für die Soubretten-Partie der viel umworbenen, koketten Fürstin Lydia eine Fehlbesetzung ist. Die Dialogregie ist hölzern wie eine "Deutsch für Anfänger"-CD. Man radebrecht "Deutsch" mit aller Länder Zungen. Leider sind kaum Kronländer dabei. Ein Alptraum. Nichts gegen Globalisierung. Aber auf diese Weise wird Operette nicht belebt, sondern gemordet.
Und doch: versucht man die Verwandlung von "holdem Unsinn" (Karl Kraus) in biederen Vorabendserien-Humor, von spritziger Musik in flaue Suppe auszublenden, entdeckt man unter der klebrigen Oberfläche immer wieder entzückende Einzelheiten. Witzige Instrumentaleffekte machen sich in der Farblosigkeit bemerkbar. Und wenn Praxmarer dem Affen mal ohne Rücksicht auf die Sänger Zucker geben kann, dämmert es einem auch, wie Suppé seinen Offenbach austraïsierte: indem er Galopp und Cancan durch Märsche und Walzer ersetzte. Gesucht wird ein Marc Minkowski, der "Fatinitza", die ein Mann ist, der von einer Frau gespielt wird, mit ihren Etappen- und Haremsabenteuern wach küsst.
Quelle: operetta-research-center (Die komplette Kritik ist dort allerdings nicht mehr zu finden)